Unverpackt Kiel: »Weil sich etwas ändern muss.«

»Weil sich etwas ändern muss.«

RSTKLTR_UnverpacktKiel_2
[09|14] In unserem Schwerpunkt verpackungsfrei Einkaufen haben wir bislang von Projekten gesprochen, die in Planung sind oder kurz vor der Umsetzung stehen. Diesmal werfen wir aber einen Blick auf einen Laden, der schon vor einem halben Jahr seine Eröffnung feierte: Unverpackt Kiel. Wir haben mit der Gründerin Marie Delaperrière gesprochen und mehr darüber wissen wollen, welche Erfahrungen sie und ihre Kunden und Lieferanten bisher damit gemacht haben.

Magazin für Restkultur: Seit Februar 2014 gibt es Unverpackt Kiel – wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Konzept? Marie Delaperrière: Meine Erfahrungen sind durchweg positiv. Die Idee wurde gut angenommen und es gibt offensichtlich viele Menschen, die schon lange auf die Möglichkeit zum verpackungsfreien Einkauf gewartet haben. Jetzt, nach gut einem halben Jahr, hat sich eine feste Stammkundschaft entwickelt, die stetig wächst. Auch die Umstellung auf Einkaufsbehälter erscheint nicht so kompliziert, wie wir es anfangs gedacht haben.

Im Gespräch mit: Marie Delaperrière

Wie kam es eigentlich dazu, Frau Delaperrière? Und warum ausgerechnet Kiel? Die Frage danach, warum wir uns Kiel niedergelassen haben, ist schnell beantwortet: Ich lebe seit fünf Jahren mit meiner Familie in Kiel und wir fühlen uns hier wohl und angekommen. Daher lag es natürlich nahe, diese Idee auch hier umzusetzen. Der Weg dahin ist auch schnell erzählt. Im November 2012 habe ich einen Artikel über Bea Johnson* in Le Monde gelesen und war beeindruckt, wie diese Frau es geschafft hat, drei Jahre lang keinen Müll zu produzieren. Nach einem Einkauf für meine fünfköpfige Familie lag irgendwann ein riesiger Berg Verpackungsmüll vor mir. Da habe ich gedacht: Es muss sich etwas ändern! Meine Recherchen zeigten, dass es in anderen Ländern durchaus Möglichkeiten gibt, verpackungsfrei einzukaufen. Warum also in Deutschland nicht? Hier war die Idee geboren, einen Laden wie Unverpackt Kiel zu eröffnen. Und diese Idee ließ mich nicht mehr los, bis ich mit der Umsetzung im Februar begonnen habe.

Eigentlich eine ganz einfache Idee, oder? Früher war es ja nicht anders …  Ja, da haben Sie recht. Das ist auch ein Motor für mich, den Menschen wieder ein natürliches Einkaufserlebnis zu vermitteln, in dem Sie direkt sehen, was sie kaufen, ohne dass die Ware dreifach“ verpackt ist. Auch die Nähe zum Kunden und das persönliche Gespräch ist uns wichtig und soll Vertrauen schaffen. Wir möchten dem Menschen wieder einen Bezug zum Lebensmittel geben, so wie es früher schon einmal war  – und wieder gewollt ist.

RSTKLTR_UnverpacktKiel_4
Einfach. Unverpackt.

Welche Produkte kann ich denn bei Ihnen kaufen – und welche nicht? Mein Sortiment umfasst vorwiegend trockene und langhaltbare Waren wie Trockenfrüchte, Getreide, Müsli, Flocken, Mehl, Nüsse, Süßwaren, Nudeln,Gewürze, Kaffee, Tee, Spirituosen, Essige, Öle und Reinigungsmittel. Ebenso Obst, Gemüse und Eier. Was Sie bei uns nicht bekommen, sind Fleisch und Fleischwaren sowie Fisch. Zur Zeit fehlen auch noch Milch und Milchprodukte im Sortiment, dies wir sich aber in Kürze ändern.

Ihre Lieferanten mussten doch mit Sicherheit umdenken, oder? Die Zulieferer, die wir momentan haben, sind es gewohnt in großen Gebinden zu liefern. Bei einigen war sicher anfänglich etwas Skepsis vorhanden, als sie hörten, dass die Ware anschließend lose an den Verbraucher abgegeben werden soll. Wir konnten aber mit unserem Konzept überzeugen. 

Unverpackt Kiel: Ein Laden für alle oder tendenziell doch eher für nachhaltig-ökologisch denkende Menschen? Unser Kundenstamm ist bunt gemischt, neben nachhaltig-ökologisch denkenden Menschen kommen viele, die bedarfsgerecht einkaufen möchten und die sich nicht von Verpackungsgrößen vorschreiben lassen möchten, wie viel sie von einen Produkt kaufen müssen. Und viele kommen anfänglich aus Neugier, aber dann immer wieder, weil sie die Qualität unserer Waren überzeugt hat. 

RSTKLTR_UnverpacktKiel_3
Alles „ohne“

Wird auch an ein Filialnetz gedacht? Seit Juni arbeiten wir an einem Franchisesystem für das Konzept und wollen im Herbst damit starten.

Können Sie schätzen, wie viel Umverpackungsmüll Unverpackt Kiel bisher vermieden hat? Ich fürchte, dass ich dazu einfach nichts sagen kann – jedenfalls jede Menge! 

Frau Delaperrière, vielen Dank!

Unverpackt Kiel
Holtenauer Str. 85 (Eingang Waitzstrasse) // 24105 Kiel //
unverpackt-kiel.de
©Fotos: Berit Ladewig mit freundlicher Genehmigung Marie Delaperrière
 
*Bea Johnson: Bekannte Vorreiterin der Zero Waste-Bewegung zerowastehome.blogspot.de
ME für magazin-restkultur.de | © Magazin für Restkultur 2014

Der Rest – in anderen Medien

08.11.21

»TAUSENDE TONNEN CORONA-MÜLL LANDEN IM MEER«

»Forscher haben berechnet, dass allein bis August 2021 8,4 Millionen Tonnen pandemiebedingter Plastikmüll angefallen sind. (...)«

21.01.20

»Schöner Wohnen mit Schrott«

»Ob Fußboden, Raumteiler, Stuhl oder Ziegel – immer mehr Designer tüfteln an neuen Werkstoffen aus Abfall. Selbst Urin wird zur Ressource. (…)«

07.01.20

»Leichensuche in der Mülldeponie«

»Seit Oktober wird die Frankfurterin Iryna U. vermisst. Nun ist die Polizei sicher, dass sie getötet wurde und sucht in einer hessischen Mülldeponie.«

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu



Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.