Topf statt Tonne – »Upcycling« von Lebensmitteln

Gastbeitrag

Gastbeiträge auf Magazin für Restkultur
Auf Magazin für Restkultur lassen wir gelegentlich Autoren, Experten und andere Akteure zu Wort kommen – und zwar immer dann, wenn uns interessante Ideen begegnen, Veranstaltungsreports erreichen oder wenn wir glauben, dass sich mit „fremden Federn“ ungewohnte Winkel ausleuchten und neue Perspektiven einnehmen lassen. Restvermeidungs- oder -verwertungsideen können darin ebenso eine Rolle spielen wie vielversprechende Alternativen oder aber auch Ideen und Konzepte, die im weiteren oder engeren Sinne »Reste« in den Mittelpunkt stellen. Die von den Autoren geäußerten Ansichten müssen dabei weder im Ganzen noch in Teilen mit der Meinung der Betreiber von Magazin für Restkultur übereinstimmen. Alle Rechte der Gastbeiträge liegen bei den Autoren. Weitere Informationen unter Mitmachen und Copyright/Irrtuemer.

 Gastbeitrag Rebecca Fleming | My Cookery Log 
Lebensmittel verwenden statt verschwenden – darum geht es bei vielen Artikeln auf Magazin für Restkultur. Zu Recht! Denn laut UN-Berichten landet etwa ein Drittel (!) der produzierten Lebensmittel weltweit im Müll. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geht sogar davon aus, dass jedes Achte in Deutschland erworbene Lebensmittel unverzehrt wieder entsorgt wird. Viele Produkte wandern schon auf dem Weg zum Konsumenten in die Tonne – weil sie gewissen Standards zum Verkauf nicht entsprechen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass ein Apfel laut europäischen Vermarktungsnormen mindestens einen Durchmesser von sechs Zentimetern haben muss, um überhaupt auf den Markt zu kommen? Kein Wunder, dass bei solchen Richtlinien Abfälle entstehen, die problemlos vermieden werden könnten. Und auch kein Wunder, dass man beim so genannten Containern, also dem „Lebensmittel-aus-den-Mülltonnen-großer-Supermärkte-Fischen“ immer noch zahlreiche essbare und gut aussehende Nahrungsmittel finden kann, die trotz abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum und der einen oder anderen braunen Stelle noch unbedenklich zum Verzehr geeignet sind.
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Frisches Gemüse vom Markt – leider werden viele solcher Lebensmittel von Supermärkten entsorgt, da sie Platz für neue Produkte machen müssen

Resteessen attraktiv(er) gemacht

Doch natürlich sind nicht nur die Verarbeitungsindustrie und die Supermärkte Schuld an der verantwortungslosen Verschwendung von eigentlich so wertvollem Essen. Viele Lebensmittel werden auch von uns privaten Haushalten ohne weitere Skrupel in den Abfall gegeben. Oft liegt es daran, dass wir mehr einkaufen, als wir essen können; dass wir den Mindesthaltbarkeitsdaten blind vertrauen; dass wir keine Lust haben, eine ganze Woche lang das gleiche zu essen oder daran, dass wir es uns in unserem Überfluss einfach leisten können, unsere schrumpeligen, überreifen, mehrmals aufgewärmten oder schon etwas matschig gewordenen Reste ohne Weiteres zu entsorgen.

Dank diesem Luxus, dank der Einfachheit des Nachkaufens, Ersetzens und Wegschmeißens ist das Resteessen sinnlos geworden und hat im Konkurrenzkampf mit „neu“ gekauften Lebensmitteln keine Chance. Wird das berühmt-berüchtigte Resteessen auch nur angekündigt, gibt es in der Regel lange Gesichter. Dabei muss Resteessen eigentlich keine Qual sein – ganz im Gegenteil! Reste können auch in ganz hochwertige, tolle Gerichte verwandelt werden, die mit kurz vor der Entsorgung stehenden Lebensmitteln nichts mehr zu tun haben und dabei hervorragend schmecken.

Mit diesem Gedanken haben wir es uns schon vor einiger Zeit zur Aufgabe gemacht, das Resteessen wieder attraktiver zu machen und Rezepte zu entwickeln, in denen Reste auf eine neue, kreative Art und Weise verarbeitet werden. Die kulinarischen Experimente haben wir auf Papier festgehalten und später dann ein online Kochbuch zum Schmökern, Informieren, Ausprobieren, Genießen und Austauschen ins Leben gerufen. Dabei geht es um mehr als um das herkömmliche Resteessen.

Die zwei wichtigsten Kategorien von Lebensmitteln, die von der Entsorgung unmittelbar bedroht sind, sind wohl folgende:

  • Kategorie 1: Lebensmittel oder ganze Gerichte, die schon seit Tagen (oder Wochen!) im Kühlschrank auf ihr unbestimmtes Schicksal warten.
  • Kategorie 2: Lebensmittel, die im Überfluss vorhanden sind und daher nicht gegessen werden können.

Im Folgenden wird es also eine kleine Kostprobe geben, was aus diesen zwei Lebensmittelkategorien gemacht werden kann, wie sich die eine oder andere unattraktiv gewordene Zutat in ein neues, frisches Gericht verwandeln lässt oder wie überschüssige Lebensmittel ganz raffiniert zu haltbaren Köstlichkeiten werden.

KATEGORIE 1: Lebensmittel, die aus Altersgründen vom Wegwerfen bedroht sind

Oh nein, nicht schon wieder Bratkartoffel mit Spiegelei …
Comeback von Überbleibseln in Form von kulinarischen Leckerbissen

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Die Gemüsesuppe bietet Platz für jeden beliebigen Gemüserest und schmeckt trotzdem hervorragend frisch!
  • Es müssen nicht immer die Röstkartoffeln sein, die alte Pellkartoffeln vor der Biotonne retten. Wie wäre es mit einem Kartoffel-Gratin, überbacken mit dem Käse, der schon längst weg gehört, und einem knackigen Grünen Salat dazu? Oder mit einer einfachen Tortilla, in der man dann auch noch Gemüsereste aller Art unterbringen kann. Auch nicht schlecht sind Fingernudeln oder Bröselschmarrn, ebenfalls aus Pellkartoffeln mindestens vom Vortag, dazu gibt’s dann noch Apfelmus aus Äpfeln, die jetzt wirklich unbedingt mal weg müssen.
  • Nur noch ein Rest Spaghetti da, die zwar nicht mehr satt machen, aber auch zu schade sind zum Wegwerfen? Sie kommen, indem man sie mit geschmortem, angebratenem, gedünstetem … Gemüse – wie Spinat, Möhren, Zucchini etc. – mit einem schnell angerührten Pfannkuchenteig zu herzhaften Küchlein ausbäckt, plötzlich in einem ganz anderen kulinarischen Licht daher. Den Rest Pfannkuchenteig backt man dann zu Pfannkuchen. Entweder man genießt sie als süße Nachspeise oder am nächsten Tag – in Streifen geschnitten – in der Suppe. Die Pfannkuchen-Streifen lassen sich übrigens problemlos einfrieren.
  • Aus vielen gekochten Gemüsesorten (Lauch, Blumenkohl, Brokkoli, Möhren, Rote Beete etc.) lassen sich mit einem einfachen Dressing aus Essig, Öl, Salz, Zucker und Wasser tolle Salate zaubern, die man locker zwei Tage im Kühlschrank aufbewahren kann.
  • Für das eine oder andere Rezept werden sogar tatsächlich ältere Lebensmittel benötigt! Dazu gehört zum Beispiel die kräftige Brotsuppe, für die man altes Bauernbrot benötigt. Wohin mit altem Weißbrot, wenn man nicht gerade Spinatknödel machen will? Ganz einfach mit getrockneten Tomaten kross braten und Nudeln dazu – fertig ist eine köstliche Pasta, die den Sommer in Windeseile auf den Teller bringt!
  • Reste können auch als letzte Rettung dienen, wenn man gar keine Idee hat, was man “auf die Schnelle“ auf den Teller bringen könnte. Irgendwelche Gemüsekleinigkeiten findet man doch immer – und mit Kartoffeln, Nudeln oder Bulgur hat man daraus im Handumdrehen eine gehaltvolle Gemüse-Suppe gemacht. Suppen sind sowieso bestens geeignet, auch aus dem Wenigsten noch etwas Geschmackvolles herauszuholen.
KATEGORIE 2: Lebensmittel die auf Grund von Überfluss vom Wegwerfen bedroht sind

Hilfe – wohin mit der Obst- und Gemüseschwemme? 

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Durch die Zubereitung einer leckeren Pesto bleiben Kräuter und Gemüse noch lange frisch und lecker!
  • Fallobst, überreifes oder schrumpeliges Obst aller Art ist genau das Richtige um ein leckeres Kompott zu machen und zu Grütze verarbeitete Beeren machen nicht nur die ganz kleinen Leckermäuler glücklich.
  • Schön reifes, auch überreifes Obst, sofern es noch nicht faulig ist, lässt sich in Handumdrehen zu feinen Marmeladen kochen, das dauert wirklich nur ein paar Minuten.
  • Ein bisschen aufwändiger ist es, Gelees zu machen, weil man dazu aus den Früchten erst Saft herstellen muss. Die Saftherstellung ist wiederum bestens geeignet, um Fallobst in großen Mengen Herr zu werden.
  • Sowie für Früchte, gibt es auch für Gemüse tolle Konservierungsmöglichkeiten: Eingeweckte Sugos aus reifen Tomaten zum Beispiel eignen sich hervorragend für ein schnelles Mittagessen, nichts muss aufgetaut, sondern der Sugo nur noch schnell warm gemacht werden, eventuell nachwürzen und eine schöne Pasta dazu gekocht – fertig!
  • Kurzzeitig lassen sich auch Kräuter konservieren indem man sie einfach klein hackt und mit Oliven-Öl bedeckt gut verschließt. Ab damit in den Kühlschrank und dann die nächste Soße „frisch“ verfeinern. Genauso gut kann man aus allen möglichen übrigen Kräutern oder Gemüse Pestos herstellen, auch sie müssen nur mit Oliven-Öl bedeckt werden, um sich zu halten.

Viel Spaß beim Stöbern und Nachkochen!

My Cookery Log | simply smart cooking
Das Resteessen hat seinen schlechten Ruf definitiv nicht verdient – es kommt letztendlich nur auf die Herangehensweise an und auf die Motivation aus den Resten im Kühlschrank noch etwas Schmackhaftes, Frisches zu machen. Wenn auch Ihr euch um den Rest kümmern wollt und in Zukunft eure Biotonne vor eigentlich noch verwertbaren Nahrungsmittelabfällen verschonen möchtet, dann findet ihr weitere interessante Kochideen, Anleitungen und Informationen zu bestimmten Zutaten auf: My Cookery Log.

 

@Fotos/Text: My Cookery Log für Magazin für Restkultur/©Headerfotos: Tobias Steinhoff/Luca Nebuloni/Montage: mgzn rstkltr

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