Gemüse, Obst oder Brot landen noch gut erhalten allzu häufig in den Müll. Dass sich daraus noch leckere Suppen, Salate und andere Gerichte herstellen lassen, ist bei den bundesweit ausgerichteten Schnippelpartys zu sehen UND zu schmecken. Die Ausrichter und damit auch Lebensmittelretter möchten mit diesen Veranstaltungen ein Zeichen gegen die grassierende Lebensmittelverschwendung setzen. Eine Aktivistin der ersten Stunde, die es sich nicht nehmen lässt, im Müll zu tauchen, ist Talley Hoban.
SCHNIPPELPARTY, 05. Juni 2014, Frankfurt am Main
 Schnippelparty Frankfurt am Main, 5. Juni 2014 
[06|14] Die Messer gewetzt, die Schneidebretter am Platz und das Gemüse bereit – wer am vergangenen Donnerstag durch die Gänge der KHG an der Universität Frankfurt schlenderte, der staunte nicht schlecht: Knapp 30 Personen hatten sich in der Gruppenküche eingefunden, um die vom Frankfurter Verein ShoutOutLoud und der Projekt- und Hochschulgruppe Global bewegt ausgerichtete Schnippelparty zu veranstalten. Zu Gast waren auch die Foodsharing-Botschafterin und Lebensmittelretterin Talley Hoban sowie Magazin für Restkultur.
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Gerettet und gegessen
In Deutschland landen Jahr für Jahr unzählige Tonnen essbarer Lebensmittel einfach im Müll. Sei es, weil wir als Konsumenten auf ein Mindesthaltbarkeitsdatum getrimmt sind und den Jogurt einen Tag nach Ablauf des MHDs wegschmeißen oder (und viel schlimmer): Weil Supermärkte ihre Waren nach einer bestimmten Zeit aus den Regalen nehmen müssen, da sie gängigen Schönheitsvorstellungen nicht entsprechen oder einer bestimmten Vermarktungslogik gefolgt wird. Wir leben im Überfluss und das macht uns zu einer „Wegwerf“-Gesellschaft, die ihresgleichen sucht. Schluss damit, fordern die Gründer des Frankfurter Vereins ShoutOutLoud (SOL) zusammen mit Global bewegt, die am 05. Mai zur Schnippelparty in Frankfurt am Main und außerdem auch die Foodaktivistin Talley Hoban einluden. „Das Gemüse stammt von einem Bio-Supermarkt in Frankfurt oder von Bauern, die es aussortieren mussten und es nicht mehr verkaufen konnten“, erklärt Kenan Bozhüyük, Mitbegründer von SOL. Ein fleißiger Helfer hat sogar 20 Kilogramm bester Kartoffeln mitgebracht: „Die stammen aus dem Container“, beschreibt er die Herkunft der Knollen – unvorstellbar, dass sie einfach in die Tonne gelandet sind. Nur schulterzuckend kann man den Geschichten lauschen, die die Anwesenden zu erzählen haben. Das geht von den Supermärkten, die ihre Waren nicht frei geben, kurz darauf aber wegschmeißen, über uns Konsumenten bis hin zu erschreckenderweise vielen Menschen, die einfach nicht mehr wissen, wie man Gemüse kocht. Hervorragend gekocht hat hingegen Bärbel Praetorius (Slow Food Deutschland), die außerdem alle Hände damit voll zu tun hatte, die zahlreichen Helfer zu koordinieren.

Lebensmittel retten
„Nahrungsmittel vor dem Wegschmeißen bewahren“, heißt die Devise des Abends. Man spricht nicht darüber, dass man Gemüse irgendwo abgeholt oder aus der Tonne gefischt hat. Diese Lebensmittel wurden einfach gerettet und dann in der Gemeinschaft geteilt: Vor dem sinnlosen Wegwerfen bewahrte Lebensmittel, die weder schlecht, noch verdorben noch verbraucht wirkten, landen fein geschnippelt in Kochtopf und im Ofen – und schließlich auf den Tellern der zahlreich erschienen Teilnehmer. „Es geht uns darum, der sinnlosen Lebensmittelverschwendung ein Ende zu bereiten und die Menschen dafür zu sensibilisieren, was hier eigentlich jeden Tag passiert“, betont Anna-Mara Schön, erste Vorsitzende von SOL. Dabei ginge es vor allem darum, sich darüber bewusst zu werden, dass jeder etwas im Kleinen tun könne. Eine ganz besondere Aktion hat sich SOL für Frankfurt ausgedacht: Sie versehen Frankfurter Läden mit einem Aufkleber, der signalisiert: „Hier wird nichts weggeschmissen.“ Die mit dem Sticker gekennzeichneten Geschäfte geben ihre Speisen an Menschen ab, anstatt die Ware wegzuschmeißen. Besonderer Höhepunkt des Abends: Der Beitrag von Talley Hoban, die auf ihre langjährige Erfahrung als Mülltaucherin und Lebensmittelretterin zurückblicken kann.

Tipp: Wir von der Redaktion von Magazin für Restkultur, haben mitgeschnippelt und ein köstliches Essen verspeisen dürfen. Und können sagen: Es war ein sehr schöner Abend mit interessanten Menschen und der guten Erfahrung, Lebensmittel vor der Tonne bewahrt zu haben. Schnippelparties wie diese finden regelmäßig in ganz Deutschland statt. Einfach mal Augen und Ohren offen halten oder über magazin-restkultur.de informiert bleiben, am besten gleich in den kostenlosen Newsletter eintragen.

Macher und Namen

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| ShoutOutLoud |
Schnippelpartys organisieren ist für die Akteure von ShoutOutLoud (SOL) nur eine von vielen denkbaren Aktionsformen. Mit dem Aufkleber „Wir machen mit – kein Essen für die Tonne“ werden darüber hinaus Frankfurter Einzelhändler ausgezeichnet, die sich verpflichten, Lebensmittel davor zu bewahren, in der Mülltonne zu landen. In Kürze werden wir SOL bei einer ihrer Aktionen begleiten und ihre Aktivitäten etwas ausführlicher hier vorstellen. Doch nicht nur dem Thema Lebensmittelverschwendung widmet sich die vor einem Jahr gegründete Vereinigung: Plastikfreie Aktionstage gehören für sie ebenso dazu wie die Osteuropahilfe-Initiative, die zum Ziel hat, in Moldawien zu helfen. › shoutouloud.eu ‹


| Global bewegt |

Global bewegt ist ein Aktionsbündnis von Pax Christi. Jugendliche und junge Erwachsene sollen hier für globalisierungskritische Aktionen und für die friedenspolitische Arbeit gewonnen werden.


| Talley Hoban |

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Talley Hoban (links im Bild, zusammen mit Miguel Escosa Jung, Redaktion Magazin für Restkultur) aus Wiesbaden veranstaltet schon seit 2008 Schnippelpartys und geht so ihrer Berufung nach, gegen die grassierende Lebensmittelverschwendung einzutreten. Seit Kurzem ist sie außerdem Foodharing-Botschafterin in Wiesbaden. Die engagierte Lebensmittelretterin hat unter anderem vor dem EU-Parlament gesprochen, war Gast in zahlreichen Talkshows und hat außerdem für Magazin für Restkultur fünf Fragen rund um ihr Wirken beantwortet (fünf Fragen an Talley Hoban). › schnippelpartys (Facebook) ‹

©Fotos: mgzn rstkltr/SOL

MS für magazin-restkultur.de | © Magazin für Restkultur 2014

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