
Restkultur-Projekt des Monats
Zahlreiche Engagierte haben den mühsamen Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft aufgenommen oder befassen sich ganz einfach mit dem »Rest«. Wir haben uns für den Zeitraum von 15 Monaten regelmäßig auf die Suche nach ihnen begeben. Auf welche Schwierigkeiten stoßen die Initiatoren, welche Erfolge können erzielt werden und welche Erfahrungen machen sie dabei? Einen Monat lang haben wir Antworten und Konzepte entsprechender Akteure für sich sprechen und als »Restkultur-Projekt des Monats« in den Vordergrund treten lassen.

Zahlreiche Engagierte haben den mühsamen Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft aufgenommen oder befassen sich ganz einfach mit dem »Rest«. Wir haben uns für den Zeitraum von 15 Monaten regelmäßig auf die Suche nach ihnen begeben. Auf welche Schwierigkeiten stoßen die Initiatoren, welche Erfolge können erzielt werden und welche Erfahrungen machen sie dabei? Einen Monat lang haben wir Antworten und Konzepte entsprechender Akteure für sich sprechen und als »Restkultur-Projekt des Monats« in den Vordergrund treten lassen.
#10 | Restkultur-Projekt des Monats, Juni 2015:
»rebelle-upcycling.de«
Betreiber/in: | Anne Thorand (Freiburg) |
Typ: | Blog »rebelle-upcycling.de« |
Seit: | 2013 |
Schwerpunkt(e): | Upcycling, DIY |
Selbstbeschreibung:

„Ein Kind braucht kein Spielzeug, sondern Zeug zum Spielen.“ Dieser Satz stammt vom dänischen Familientherapeuten Jesper Juul. Und noch bevor ich ihn in einem seiner Bücher gelesen hatte, hat mein Kind mir genau dies gezeigt – und mich so, ohne es zu wollen, zum Upcycling gebracht.
Auf einem Kindergeburtstag ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, was wir unseren Kindern eigentlich antun, wenn wir sie mit Geschenken im wahrsten Sinn des Wortes zumüllen: der 3-Jährige, bei dem wir eingeladen waren, hat die Geschenke nicht mal angesehen, die wir mitgebracht hatten – die Überfülle an Mitbringseln war für ein Kind einfach nicht zu begreifen (wortwörtlich). Dafür hat er sich bald mit den anderen Kindern in die hinterste Gartenecke verkrochen. Da gab es nämlich eine Hecke, in der sich eine prima Bude bauen ließ. Keines der Kinder brauchte für dieses intensive Spiel irgendein „Spielzeug“. Einzig ein abgebrochener Scheibenwischer war ihnen Quell der Freude: erst war er ihre Angel, dann ihre Waffe und zwischendurch die Leine für den fiktiven Hofhund. Ich war begeistert. Und habe mich anstecken lassen, von der Phantasie der Kinder, aus Müll etwas zum Spielen zu machen.

Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Upcycling ist mir schnell klar geworden, dass Upcycling ein Themenbereich des breit gefächerten Begriffs Nachhaltigkeit ist. Dazu gehören neben foodsaving (also der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung) auch plastik- bzw. müllfreies Leben, Ko-Konsum, Minimalismus an Produkten und biologische und ökologische Kleidung. Je mehr ich mich mit dieser Nachhaltigkeit beschäftige, desto tiefer tauche ich auch in ein neues Leben ein: in ein einfacheres und glücklicheres Leben. Denn „reduce, reuse, recycle“ ist kein Verzicht, sondern ein Gewinn in allen Belangen: ich gewinne mehr Zeit, erweitere meinen Bekanntenkreis um Menschen, die mir achtsam begegnen und habe die Hoffnung, meinem Kind und den nachfolgenden Generationen doch etwas Gutes zu hinterlassen. Dazu spare ich einen Haufen Geld: denn Reparaturen kosten lange nicht so viel wie die Neuanschaffung. Und wenn ich einen Gegenstand brauche, dann frage ich erst mal im Freundeskreis herum, irgendwer leiht mir bestimmt, was ich benötige. Wir haben ein Auto verkaufen können, weil wir Car-Sharing betreiben. All das macht das Leben klarer, gradliniger, einfacher.

Und Upcycling ist Teil meines Lebens geworden: wenn ich zum Beispiel eine löchrige Hose geschenkt bekomme, nähe ich daraus eine Kinderhose für meinen Sohn. Oder ich nutze den Grünschnitt und die Streu aus dem Hasenkäfig der Nachbarn als wertvollen Dünger für meinen Garten (ein Mitgärtnerprojekt). Und alte Weinkisten werden schnell umfunktioniert zum Regal. Und natürlich bastele ich auch weiterhin: ein Piratenschiff aus Karton für den Nachwuchspiraten, ein Tipi aus einigen Stangen und einem alten Kaffeesack oder leere Flaschen als Hütchen zum Fahrradfahren.
Das nächste Projekt ist unsere Hochzeit – sie soll in unserem Sinne nachhaltig sein. Ich bin ganz sicher, dass es möglich ist, so ein einzigartiges Fest zu feiern, ohne unnötig Müll zu produzieren oder Ressourcen zu verschwenden. Das einzige, was wirklich wichtig ist, ist sich Gedanken zu machen. Und zwar nicht darum, wer neben wem sitzen soll, sondern wer mit wem zusammen im Auto fahren kann! Denn die Gemeinschaft, die jetzt neu entsteht, ist das, was unserer Welt heute viel zu oft fehlt.
Wir bedanken uns bei Anne Thorand für die Teilnahme!
Du betreibst auch ein interessantes Projekt oder kennst eine interessante Seite? Dann lass uns das einfach unter Mitmachen wissen!
©Text/Abbildungen: Anne Thorand