
Restkultur-Projekt des Monats
Zahlreiche Engagierte haben den mühsamen Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft aufgenommen oder befassen sich ganz einfach mit dem »Rest«. Wir haben uns für den Zeitraum von 15 Monaten regelmäßig auf die Suche nach ihnen begeben. Auf welche Schwierigkeiten stoßen die Initiatoren, welche Erfolge können erzielt werden und welche Erfahrungen machen sie dabei? Einen Monat lang haben wir Antworten und Konzepte entsprechender Akteure für sich sprechen und als »Restkultur-Projekt des Monats« in den Vordergrund treten lassen.

Zahlreiche Engagierte haben den mühsamen Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft aufgenommen oder befassen sich ganz einfach mit dem »Rest«. Wir haben uns für den Zeitraum von 15 Monaten regelmäßig auf die Suche nach ihnen begeben. Auf welche Schwierigkeiten stoßen die Initiatoren, welche Erfolge können erzielt werden und welche Erfahrungen machen sie dabei? Einen Monat lang haben wir Antworten und Konzepte entsprechender Akteure für sich sprechen und als »Restkultur-Projekt des Monats« in den Vordergrund treten lassen.
#12 | Restkultur-Projekt des Monats, August 2015:
»Petition gegen Lebensmittelverschwendung« (EU)
»Petition gegen Lebensmittelverschwendung« (DE)
Betreiber/in: | Claudia Ruthner, (Tutzing) |
Typ: | »Petition gegen Lebensmittelverschwendung« (EU)»Petition gegen Lebensmittelverschwendung« (DE) |
Seit: | Juni 2015 |
Schwerpunkt(e): | Verhinderung Lebensmittelverschwendung |
Selbstbeschreibung:
Am 1. Juni 2015 habe ich in Deutschland die Petition »Gegen die Verschwendung von Lebensmitteln“ gestartet und wollte mal eben nur kurz ein bisschen »die Welt retten“ (na ja, vielleicht auch erst einmal einen kleinen Teil), ganz spontan. Und jetzt ist wirklich etwas passiert. Ich habe etwas BEWEGT, ins Rollen gebracht – eben einfach mal etwas GETAN und nicht nur – wie sonst immer – geschimpft und gejammert. Und hey Leute – das ist ein unglaublich tolles Gefühl, das ich gerne mit euch allen teilen möchte. Ihr könnt mitmachen!
Wir alle können bei etwas Großartigem dabei sein …! Und zwar bei einer Demokratie zum Mitmachen! Mal angenommen, das gesamte wahlberechtigte Volk in Deutschland würde die Petition gegen die Verschwendung von Lebensmitteln unterstützen … Ja, was wäre dann? Die Politiker müssten tun, was wir wollen! Man erzählt uns, sie würden uns, also das Volk, vertreten. Aber stimmt das auch? Sie vertreten Lobbyisten, große Konzerne, geben maroden Banken unser (!) Geld und benehmen sich in ihrem vermeintlichen Habitus der Rechtschaffenheit wie die berühmte Axt im Walde! Und WIR? Wir nützen unsere Rechte nicht. Wir haben das Recht, unsere Meinung zu vertreten und das müssen wir auch tun! Denn »die da in Berlin oder in Brüssel« tun es nämlich nicht. Wie lange soll es noch dauern, bis Entscheidungen in unserem Sinn getroffen werden? Wir sind parteiverdrossen, kaum einer geht noch zur Wahl. Aber hier haben wir eine Möglichkeit aktiv zu werden, mit einem, zwei oder auch mehreren Klicks im Internet. Nutzen wir doch diese Chance!
Was inzwischen passiert ist: Als meine Petition Anfang Juni dank 15.000 Unterschriften schon gut gestartet war, hat sich Arash Derambarsh mit mir in Verbindung gesetzt. Derambarsh, der aus der Nähe von Paris ist, hatte bereits dafür gesorgt, dass die Nationalversammlung in Frankreich ein Gesetz verabschiedet, welches Supermärkten ab einer Größe von 400 qm verbietet, Lebensmittel in die Mülltonne zu werfen. Das war das, was auch ich in meiner Petition gefordert habe – eben nach diesem französischen Vorbild. Arash war gerade dabei, wieder mit einer Petition auf change.org dieselbe Forderung europaweit zu stellen, und suchte dafür noch einen Petitionsführer in Deutschland. Mit Arash (Frankreich) und mir (Deutschland) haben noch fünf weitere Länder mitgemacht (Italien, Großbritannien, Belgien, Griechenland und Spanien) und am 22. Juni 2015 die EU-Petition gestartet. Innerhalb von nur zwei Wochen sind dafür über 540.000 Unterschriften zusammen gekommen! Und mit diesem Erfolg ist Arash am 8. Juni 2015 nach Straßburg gefahren und hat die Petition dem Europäischen Parlament übergeben.
Am 10. Juni 2015 hat das Europäische Parlament eine historische Resolution verabschiedet. Es fordert die Europäische Kommission dazu auf, Abkommen mit den 28 EU Mitgliedsstaaten zu schließen, damit Supermärkte unverkäufliches und noch genießbares Essen an Wohltätigkeitsorganisationen abgeben.
Jetzt müssen wir Präsident Juncker und alle europäischen Regierungschefs noch davon überzeugen, diesen Vorschlag zu unterzeichnen und zu unterstützen. Deshalb brauchen wir mehr denn je eure Unterstützung: Bitte teilt diese Petition weiterhin auf allen Kanälen und unterschreibt hier: change.org. Ich bin total begeistert von dieser überwältigenden Zustimmung! Über 620.000 Stimmen lassen sich eben nicht mehr so einfach überhören. 620.000 Menschen haben ihre Meinung vertreten – 1 Million müssen es aber noch werden! Inzwischen sind es sogar 620.253 Unterstützer (Stand: 27.07.) für die EU-Petition.Aber wie geht es nun mit der Petition für Deutschland weiter? Sobald sie die notwendige Anzahl an Unterschriften erreicht hat (mind. 100.000 – bitte unterschreibt hier: change.org/lebensmittel, wird durch eine repräsentative Meinungsumfrage ermittelt, ob das Anliegen eine Mehrheit in der Bevölkerung genießt. Die Umfrage wird von infratest-dimap im Auftrag von abgeordnetenwatch.de durchgeführt. Finanziert wird die Befragung durch Spenden. Wenn also eine Mehrheit das unterstützt, dann werden von abgeordnetenwatch.de sämtliche Abgeordnete des deutschen Parlaments gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Die Positionierung der Abgeordneten wird im jeweiligen Abgeordnetenprofil archiviert und könnte damit in Zukunft zum Wieder- oder Abwahlkriterium werden.
Dieses Instrument der Demokratie ist noch relativ neu, und ich wage zu behaupten, dass sich viele Parlamentarier der möglichen Tragweite noch nicht bewusst sind. Aber es ist doch so: Wenn ich mich darüber informiere, welcher Abgeordnete sich wie und wie oft engagiert (und sich damit seinen Wählern gegenüber erklärt hat), wird mir das helfen, zu entscheiden, ob ich jemanden wieder oder eben nicht mehr wieder wähle. Damit können wir den Druck entscheidend erhöhen! Genau so ist diese grandiose Möglichkeit bisher vielen Wählern verborgen geblieben. Doch wer sich für diese Welt, seine eigene unmittelbare Umwelt und die Wirkung der (oftmals völlig unverständlichen) Entscheidungen der Politiker interessiert und etwas verändern möchte, sollte unbedingt davon Gebrauch machen und auf dieses Instrument zurückgreifen. Einfacher war es bisher noch nie, sich zu engagieren!
Kurz gesagt bedeutet dies, dass Politiker wahrnehmen müssen, dass es uns (also dem Volk) ernst ist, mit der Forderung, keine Lebensmittel mehr zu verschwenden. Dass wir uns engagieren und ihre Entscheidungen nicht mehr einfach so hinnehmen werden!
Kurz zu meiner Person: Ich bin gebürtige Starnbergerin (nein, wir haben nicht alle einen eigenen Seezugang mit Steg und Motoryacht! Es gibt auch bei uns ein Sozialamt und das hat nicht wenig zu tun!), wohne nun in Tutzing, bin im Januar 50 Jahre alt geworden und war Alleinerziehende einer Tochter. Ich hatte nie vor, mich politisch zu engagieren, aber irgendwann »war das Fass voll« und so habe ich eben vor gut einem Monat die Petition für Deutschland gestartet.
Ja, es ist ein Klischee: Aber was für eine Welt wollen wir denn hinterlassen? Ich dachte nicht im Traum daran, was damit auf mich zukommt. Aber durch die Aktualität des Themas, das Engagement von Arash und dem ersten schnellen Erfolg der EU-Petition hat es sich nun also ergeben, dass ich mich mit all den Themen beschäftige.
Heute, an einem sonnigen Sonntagnachmittag, sitze ich in meiner Küche und habe jetzt diesen Text für euch geschrieben, in der Hoffnung, dass es der/die eine bis zum Ende durchliest und sich dabei denkt: Och ja, da könnte ich doch eigentlich mitmachen! Ehrlich, es gibt einem ein gutes Gefühl …
Herzlichst, Claudia
Wir bedanken uns bei Claudia Ruthner für die Teilnahme!
Du betreibst auch ein interessantes Projekt oder kennst eine interessante Seite? Dann lass uns das einfach unter Mitmachen wissen!
©Text/Fotos: Claudia Ruthner
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