5 Fragen an Andreas Manhart zur Spendenkampagne des Öko-Institut
»Ohne jegliche Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt«
Mit wachsendem Verkehrsaufkommen in Metropolen des afrikanischen Kontinents steigt auch die Zahl der Fahrzeuge und Einzelteile, die irgendwann auch entsorgt werden muss. In hiesigen Breiten gelten dafür ja strenge Umweltstandards, die das Recycling insbesondere auch gefährlicher Stoffe in Batterien regeln. Umso ratloser lassen uns daher Berichte darüber zurück, wie die Entsorgung der schwergiftigen Batterien in vielen afrikanischen Ländern durchgeführt wird: Ohne jede Art von Schutzmaßnahmen werden Mitarbeiter den hochtoxischen Ausdünstungen ausgesetzt, die bei der Demontage und Weiterverarbeitung der ausgemusterten Artekfakte entstehen. Das Öko-Institut* ruft daher zu einer Spendenaktion auf, mit der afrikanische Umweltschutzorganisationen in ihrer Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden sollen. Wir haben mit dem Projektleiter Andreas Manhart gesprochen und Näheres zu der im letzten Jahr gestarteten Kampagne wissen wollen.
*siehe auch Infokasten weiter unten
1.Magazin für Restkultur: Das Öko-Institut macht sich dafür stark, das Recycling von Blei aus ausgedienten Autobatterien in afrikanischen Ländern zu verbessern und ruft zu einer Spendenaktion auf. Warum steht ausgerechnet dieses Thema im Fokus? Andreas Manhart: In Entwicklungs- und Schwellenländern werden Bleibatterien oft ohne jegliche Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt recycelt. Dabei ist sowohl die darin enthaltene Säure als auch das Blei hochgiftig. Die Profite der beteiligten Unternehmen gehen ganz klar auf Kosten der Arbeiter und Anwohner. Selbst ein anfangs gesunder Mensch kann eine Arbeit in einer solchen Bleihütte nicht lange durchhalten. Außerdem erhalten die Menschen dort nicht einmal Arbeitskleidung**, sodass die Arbeiter den giftigen Bleistaub mit ihrer Kleidung in die Häuser und zu den Familien tragen. Das US-amerikanische Blacksmith Institute betrachtet das unsachgemäße Recyceln von Autobatterien als die weltweit schlimmste verschmutzende industrielle Tätigkeit. Ein zweiter Grund, warum wir uns dem Thema widmen, ist die Tatsache, dass bislang in fast keinem Land auf dem afrikanischen Kontinent ein Bewusstsein für das Problem entwickelt ist. Dabei schwärmen einige der beteiligten Firmen auf ihren Webseiten ganz offen von dem „großen und wachsendem Potenzial des afrikanischen Marktes“ – kein Wunder, denn mit dem schnell steigenden Verkehrsaufkommen steigt auch die Menge an ausgemusterten Autobatterien schnell an. **Die ohnehin spärliche Schutzsausrüstung, die oben im Bild zu sehen ist, wurde erst kurz vor der Aufnahme angelegt.
2. Mit welchen afrikanischen Umweltschutzorganisationen arbeiten Sie zusammen? Wir sind derzeit mit Umweltgruppen in verschiedenen Ländern im Gespräch, unter anderem in Tansania, Äthiopien, Kamerun, Nigeria und Ghana. Dabei wollen wir besonders solche Organisationen unterstützen, die stark zivilgesellschaftlich verankert sind und unabhängig agieren. In Äthiopien ist dies z.B. die Organisation PAN Ethiopia, mit der wir in einem anderen Zusammenhang schon länger vertrauensvoll und sehr erfolgreich kooperieren. Am liebsten würden wir mit Gruppen in allen diesen Ländern zusammen arbeiten. Aber das hängt auch davon ab, wie viele Spenden uns dafür zur Verfügung gestellt werden.
»Standards für Bleihütten in afrikanischen Ländern« hat das Öko-Institut seinen Spendenaufruf überschrieben. Auf oeko.de findet sich ein entsprechendes Formular, mit dem die Organisation bei ihrem Vorhaben unterstützt werden kann. Dort – und in dem Infokasten weiter unten – sind außerdem weitere Informationen zum Öko-Institut zu finden. Wer Mitglied des Vereins werden möchte, hat hier die Möglichkeit dazu: mitglieder.oeko.de
3. Wie sieht die konkrete Hilfe vor Ort genau aus, die durch die Spenden ermöglicht wird? Wir wollen das Thema zusammen mit unseren Partnern in Afrika angehen. Das bedeutet, dass unsere Partner das lokale Wissen einbringen werden. Welche Bleihütten gibt es vor Ort? Von wem werden sie betrieben? Und welche negativen Auswirkungen haben diese? Wir werden die Umweltgruppen vor Ort mit Materialien unterstützen, die ihnen die inhaltliche Arbeit erleichtern sollen. Zum Beispiel, wie man Missstände eindeutig identifizieren kann und mit welchen Maßnahmen sie verhindert werden können. Unsere Partner sind ebenso gefragt, wenn es um die Erzeugung von Handlungsdruck vor Ort geht – sei es durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder durch das direkte Gespräch mit Industrie- und Regierungsvertretern. Natürlich bedeutet dies auch, dass wir ihnen für all diese Aktivitäten finanziell unter die Arme greifen müssen. Dafür wollen wir einen großen Teil der Spenden aufwenden. Zahlen darüber wie hoch dieser Anteil ist, werden natürlich transparent offen gelegt.
4.Welche Gefahren gehen vom unsachgemäßen Bleirecycling für die Mitarbeiter der Bleihütte, aber auch für die Bevölkerung aus? Blei ist hochtoxisch und reichert sich im menschlichen Körper an. Besonders problematisch ist Bleistaub, da er leicht über die Atemluft und die Nahrung in den Körper aufgenommen wird. Und bei unsachgemäßen Betrieb setzen Bleihütten große Mengen an Bleistaub frei. Wir haben in Ghana eine Anlage besichtigt, in dessen Umgebung lag der Bleistaub fingerdick – und die Arbeiter mussten inmitten dieser Staublandschaft mit bloßen Händen ihr Mittagessen einnehmen. Wenn diese Arbeiter mit staubiger Kleidung am Abend heimkommen, dann kontaminieren sie – ohne es selbst zu wissen – ihr gesamtes Wohnumfeld. Kinder sind am stärksten betroffen, denn ihr Organismus reagiert besonders stark auf Blei. Unter anderem kommt es zu massiven und bleibenden Fehlbildungen des Gehirns.
5. Sind denn bestimmte Länder in besonderer Weise betroffen? Nach unseren Recherchen gibt es in afrikanischen Ländern derzeit mindestens 30 Schmelzhütten, die im großen Stil auf das Recycling von Autobatterien spezialisiert sind, u.a. im Senegal, in Ghana, Nigeria, Kamerun, Äthiopien, Kenia, Tansania, Mosambik und Angola. Hinzu kommt eine unbekannte Anzahl an Firmen und Hinterhofbetrieben, die Batterien aufschlagen, die Säure abgießen und zum Teil auch über dem offenen Feuer einschmelzen. Über die länderspezifischen Situationen haben wir im Einzelnen aber (noch) keinen Überblick.
Wir danken für das Gespräch. Darüber, welche Erfolge das Öko-Institut mit seiner Spendenaktion erzielt hat, wird in einiger Zeit auch auf Magazin für Restkultur zu lesen sein.
Wind und Wetter ausgesetzt: Batterielager einer afrikanischen Bleihütte
Das Öko-Institut
An den drei Standorten in Freiburg, Berlin und Darmstadt erarbeiten knapp 140 Mitarbeiter »Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann.« Der gemeinnützige Verein wurde bereits im Jahr 1977 gegründet und stemmt jährlich um die 300 nationale und internationale Projekte. Darüber hinaus berät das Institut »auf Basis einer wertorientierten wissenschaftlichen Forschung Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.« Beratungsleistungen erbringt das Öko-Institut nicht nur für Ministerien auf Bundes- und Landesebene, sondern auch für Nichtregierungsorganisationen und Umweltverbände und erwirtschaftet mit diesen und anderen Aktivitäten einen Jahresumsatz von knapp 12 Millionen Euro. Im Vordergrund stehen die Themengebiete Energie und Klima, Immissions- und Strahlenschutz, Landwirtschaft und Biodiversität sowie Nachhaltigkeit in Konsum und Mobilität. Aber auch der Ressourcenwirtschaft, der Nukleartechnik und Anlagensicherheit sowie Recht, Politik und Governance widmen sich die Verantwortlichen. (Stand: Januar 2015)
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