
»Es geht mir darum, die Gleichgültigkeit zu bekämpfen und Umweltbewusstsein zu wecken.«
– Rainer Schäfer im Gespräch mit Magazin für Restkultur –
5 Fragen an Rainer Schäfer, ehrenamtlicher Müllsammler
In seiner Freizeit geht Rainer Schäfer einer besonderen Leidenschaft nach: er sammelt Müll auf. Seit fast 30 Jahren durchkämmt er dafür Städte und sogar ganze Landstriche und befreit sie von Abfällen aller Art. Rote Plastiksäcke mit den an Straßenrändern und Gehwegen aufgesammelten Hinterlassenschaften sind dann ein untrügliches Zeichen dafür: Rainer Schäfer war da. Dabei geht der heute 46jährige nicht nur irgendeinem Hobby nach – er möchte durch seine Müllsammelaktionen Aufmerksamkeit erzeugen und für ein erhöhtes Umweltbewusstsein sorgen, wie er im Gespräch mit Magazin für Restkultur unterstreicht.
1. Was ist Ihre Mission, Herr Schäfer?
Ich möchte ein Bewusstsein für die Vermüllung in unseren Städten und Straßen schaffen – vielen Menschen fällt ja schon gar nicht mehr auf, wie viele Abfälle uns umgeben. Man muss die Menschen wieder an Sauberkeit gewöhnen, damit der Blick frei wird für das Schöne im Leben. Es geht mir außerdem darum, die Gleichgültigkeit zu bekämpfen: Durch mein Ehrenamt und durch die roten Müllsäcke, die ich am Wegrand aufstelle, falle ich ja auf jeden Fall auf. Mit meinen Müllsammelaktionen und der öffentlichen Aufmerksamkeit, die ich erzeuge, wecke ich so ein starkes Umweltbewusstsein. Ich verleihe ja außerdem Müllsammelzangen und jeder, der mal Müll sammeln geht, stellt sich eine Menge Fragen rund um dessen Entsorgung. Früher wurde ich noch viel belächelt, aber nachdem ich mehrere Umweltpreise für mein Engagement erhalten habe, wird nicht mehr gelacht. Auf dem Campingplatz, auf dem ich meinen Wohnwagen habe, bekomme ich jetzt sogar gerettete Lebensmittel aus der Tonne – aber auch da fällt ja jede Menge Müll an. Und mir fällt auf, dass die Lebensmittelindustrie ja unablässig neue buntere und kompliziertere Verpackungen erzeugt, natürlich damit der Absatz erhöht wird. Gut für die Umwelt ist das nicht und wir waren in Sachen Umweltschutz ja schon mal weiter.
2. Sie bezeichnen sich ja als »Abfall Robin-Hood«. Wie kam es zu diesem Namen?
Ich selber hab mir ja den Namen gar nicht gegeben. Es war die Stadt Mainz, die mich vor einiger Zeit so getauft hat. Es gibt ja in der Medizin den sogenannten »Robin Hood-Effekt«, bei dem es darum geht, dass sich das Blut immer den Weg zu den unterversorgten Körperteilen sucht. Und das passt ja ganz gut zu dem, was ich mache. Irgendwann hat sich der Ausdruck festgesetzt und ist so zu meinem Markenzeichen geworden. Der Name ist mir aber eigentlich egal – ich will was erreichen.

3. Gibt es auch etwas, worüber Sie sich besonders ärgern?
Am meisten ärgere ich mich ja über Zigarettenkippen. Aber die Frage ist ja eher, wie wir Müll definieren und ich sehe mehr, dass es sich dabei doch eigentlich um Wertstoffe handelt. Bei Pfanddosen sieht man ja, dass es geht. Mein Ziel ist es ja nicht nur den Müll zu sammeln, sondern ihn auch anschließend einer sinnvollen Verwertung zuzuführen. Und es gibt ja auch Müll – Stichwort Mikroplastik –, der nur sehr schwer zu sammeln ist, weil Straßenbahnmeisterein mit ihren Mähmaschinen über den Dosen, Plastik und Papier drüber mähen. Irgendwann gehen die Partikel ja in den Boden rein. Ich sammle aber nicht nur, sondern betreibe auch Forschung und Entwicklung. So befasse ich mich damit, warum Müll überhaupt weggeworfen wird. Da spielt auch Verhaltenspsychologie eine Rolle oder die Tatsache, dass meiner Beobachtung nach zum Beispiel Straßenschilder oder -situationen einen ganz besonderen Einfluss auf unser Wegwerfverhalten haben. Aber generell: das Wegwerfverhalten mancher Menschen gibt mir schon zu denken.
4. Bei ihren bundesweiten Sammelaktionen finden Sie doch auch bestimmt Dinge, die man noch gebrauchen kann, oder?
Ja, das stimmt. Ab und zu findet man Geld, aber eher selten. Eine Taschenlampe, die ich vor Jahren im Straßengraben gefunden habe, habe ich heute noch und sogar Silbermünzen waren mal dabei. Bei Zigarettenpackungen habe ich mir außerdem angewöhnt immer reinzuschauen, denn manchmal vergessen ja die Menschen auch Geldscheine drin. Dann findet man aber auch witzige Sachen. Zum Beispiel ein Viagra-Rezept mit Adresse drauf (lacht) …

5. Zum Schluss, Herr Schäfer: Was machen Sie, wenn Sie mal keinen Müll sammeln?
So einiges! Derzeit entwickle ich zum Beispiel eine Maschine zur Unkrautentfernung. Und ich bin dabei, ein Müllmuseum zu errichten. Und, wer weiß: Vielleicht schreibe ich irgendwann mal auch ein Buch. Denn ich habe ein paar schöne Geschichten zu erzählen über meine regionalen und überregionalen Müllsammelaktionen. Sollte es mal irgendwann, was ja illusorisch ist, keinen Müll geben, würde ich mich humanitären Aufgaben widmen oder in der Flüchtlingshilfe tätig werden. Obwohl – nimmt man es genau – habe ich ja jetzt schon so etwas wie eine humanitäre Aufgabe …
Wir danken Rainer Schäfer für das Gespräch.
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