
»Liebe Frau Umweltministerin Hendricks: Kein Handeln ist keine Alternative! «
– Thomas Fischer im Gespräch mit Magazin für Restkultur –
5 Fragen an … Thomas Fischer (Deutsche Umwelthilfe)
[09|15] »In jedem von uns steckt ein Held«, so die Botschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Doch übermenschliche Kräfte oder gar Röntgenblick sind ebenso wenig nötig wie eine fernsehreife Kostümierung: Es genügt schon völlig, häufiger Mehrweg- statt Einweg-Coffee to go-Becher nutzen, um im Sinne der DUH zum »Becherhelden« zu werden. Mit der gleichnamigen Kampagne wendet sich die Umweltorganisation aber nicht nur an Kaffeegenießer. Entscheider aus Politik und Wirtschaft dürfen sich mit einer Umstellung auf Mehrwegsysteme oder einer generellen Abgabe auf Einwegbecher ebenso heldenhaft in Szene setzen. Wir haben mit dem Kampagnen-Leiter Thomas Fischer gesprochen und ihn gebeten, fünf Fragen rund um die Kampagne »Becherheld« zu beantworten.
1. Herr Fischer, worin genau besteht eigentlich das Problem beim Cofee to go-Becher?
Der Verbraucher sieht nur den einzelnen Pappbecher, den er in der Hand hält – dass das zu Milliarden von Einwegbechern führt, ist ihm nicht bewusst. Allein in Berlin gehen jeden Tag eine halbe Million Becher über die Ladentheke! „Der ist ja aus Pappe, so schlimm kann das nicht sein“, denken viele. Aber dem ist nicht so. Für die Herstellung von Papier benötigt man ja große Mengen an Wasser, Energie und Chemikalien. Die gebrauchten Becher – und die dazugehörigen Deckel – landen anschließend vornehmlich in Müllverbrennungsanlagen. Also ist es wichtig, die Menschen über Alternativen zu informieren – und die gibt es. Aber auch der Handel muss hier mitspielen. Einige Anbieter gehen ja schon mit gutem Beispiel voran und bieten demjenigen 30 Cent Rabatt an, der seinen Mehrwegbecher mitbringt und auf Einweg verzichtet. Darüber hinaus fordern wir auch eine Abgabe, die insbesondere sogenannte „Vieltrinker“, die fünf bis sechs Kaffee to go täglich konsumieren, zu einem Umdenken bewegen könnte.
Der Verbraucher sieht nur den einzelnen Pappbecher, den er in der Hand hält – dass das zu Milliarden von Einwegbechern führt, ist ihm nicht bewusst. Allein in Berlin gehen jeden Tag eine halbe Million Becher über die Ladentheke! „Der ist ja aus Pappe, so schlimm kann das nicht sein“, denken viele. Aber dem ist nicht so. Für die Herstellung von Papier benötigt man ja große Mengen an Wasser, Energie und Chemikalien. Die gebrauchten Becher – und die dazugehörigen Deckel – landen anschließend vornehmlich in Müllverbrennungsanlagen. Also ist es wichtig, die Menschen über Alternativen zu informieren – und die gibt es. Aber auch der Handel muss hier mitspielen. Einige Anbieter gehen ja schon mit gutem Beispiel voran und bieten demjenigen 30 Cent Rabatt an, der seinen Mehrwegbecher mitbringt und auf Einweg verzichtet. Darüber hinaus fordern wir auch eine Abgabe, die insbesondere sogenannte „Vieltrinker“, die fünf bis sechs Kaffee to go täglich konsumieren, zu einem Umdenken bewegen könnte.
2. Wie machen Sie über die Kampagnenwebsite hinaus auf Ihre Anliegen aufmerksam?
Die Deutsche Umwelthilfe muss sparsam mit finanziellen Mitteln haushalten. Aus diesem Grund können wir nicht mit großflächigen Plakat- oder Anzeigenaktion aufwarten – aber das halten wir auch nicht unbedingt für notwendig. Unsere Erfahrungen mit vorherigen Kampagnen zeigen, dass wir ja auch sehr viel über Pressearbeit erreichen. Wir bieten darüber hinaus kostenlose Kampagnenflyer, Poster und Hintergrundpapiere zum Downloaden an [siehe Infokasten unten] und machen uns sehr stark in den sozialen Netzwerken bemerkbar. Von diesen Informationsangeboten machen zum einen der Handel, aber auch Kommunen und natürlich viele interessierte Bürger Gebrauch. Damit kleine Kaffeehäuser, aber auch größere Kaffeehausketten, ihre Kunden direkt sensibilisieren, ist außerdem ein Toolkit für den Einsatz vor Ort in Vorbereitung.

3. Die Vermutung liegt nahe, dass der Handel und die Industrie selbst nur wenig begeistert von Ihrem Vorstoß sein dürften. Oder liegen wir mit dieser Annahme falsch?
Der Handel zeigt bisher nur wenig Interesse den Verbrauch von Einwegbechern zu verringern. Für ihn steht im Vordergrund seine Produkte zu verkaufen – was mit den Einwegbechern anschließend passiert, ist vielen Händlern egal. Sie verbinden mit Mehrwegbechern einen zusätzlichen Aufwand – was allerdings nicht die Praxis wiederspiegelt. Wenn Verbraucher Mehrwegbecher zur Wiederbefüllung mitbringen, sparen die Händler sogar Kosten für den Einkauf der Einwegpappbecher. Wir führen Gespräche mit großen Kaffeehausketten, die uns zeigen, dass eine gewisse Grundbereitschaft besteht. Generell wollen sich vor allem Verbände, wie der Deutsche Kaffeeverband oder der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V., überhaupt nicht damit beschäftigen – im Gegenteil. Ein Anfang wäre es aber schon mal ergänzend zu den vorhandenen Einwegbechern auch Mehrwegsysteme zuzulassen. In der entsprechenden Hygieneverordnung wird eine Wiederbefüllung von Kaffeebechern nicht untersagt, weshalb sich Unternehmen aus hygienischen Gründen nicht dagegen sperren sollten – auch wenn die Verordnung je nach Interessenslage so oder so ausgelegt werden kann. Wir sind aber erst am Anfang und lösen – wie wir am Beispiel unseres Gespräches sehen – durch unsere Kampagne eine öffentliche Diskussion darüber aus.
Der Handel zeigt bisher nur wenig Interesse den Verbrauch von Einwegbechern zu verringern. Für ihn steht im Vordergrund seine Produkte zu verkaufen – was mit den Einwegbechern anschließend passiert, ist vielen Händlern egal. Sie verbinden mit Mehrwegbechern einen zusätzlichen Aufwand – was allerdings nicht die Praxis wiederspiegelt. Wenn Verbraucher Mehrwegbecher zur Wiederbefüllung mitbringen, sparen die Händler sogar Kosten für den Einkauf der Einwegpappbecher. Wir führen Gespräche mit großen Kaffeehausketten, die uns zeigen, dass eine gewisse Grundbereitschaft besteht. Generell wollen sich vor allem Verbände, wie der Deutsche Kaffeeverband oder der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V., überhaupt nicht damit beschäftigen – im Gegenteil. Ein Anfang wäre es aber schon mal ergänzend zu den vorhandenen Einwegbechern auch Mehrwegsysteme zuzulassen. In der entsprechenden Hygieneverordnung wird eine Wiederbefüllung von Kaffeebechern nicht untersagt, weshalb sich Unternehmen aus hygienischen Gründen nicht dagegen sperren sollten – auch wenn die Verordnung je nach Interessenslage so oder so ausgelegt werden kann. Wir sind aber erst am Anfang und lösen – wie wir am Beispiel unseres Gespräches sehen – durch unsere Kampagne eine öffentliche Diskussion darüber aus.
Coffee to Müll – in Zahlen*
*Quelle: DUH/bezogen auf Deutschland |
4. Einen wichtigen Beitrag bei der Regulierung umweltrelevanter Fragen spielt ja nicht zuletzt die Politik. Was fordern Sie von der jetzigen SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks?
Kein Handeln ist keine Alternative, Frau Hendricks! Es bringt nichts, die Hände in den Schoß zu legen und sich – wie bei dem Thema Plastiktüten – auf den Standpunkt zurückziehen, dass es den gelben Sack gibt, der ein Recycling ermöglicht. Das ist vollkommener Unfug. Denn: Niemand nimmt seinen benutzten Becher mit nach Hause und wirft ihn in den gelben Sack. Er benutzt dafür die öffentlichen Mülltonnen – und der darin gesammelte Abfall landet in der Verbrennung. Gelangen Pappbecher tatsächlich in den gelben gelben Sack, dann werden sie aufgrund des hohen Papieranteils der Papierfraktion zugeordnet und landen in einem Papierrecyclingwerk. Dort kann man mit den Bechern kaum etwas anfangen, weil sich die Papierfasern von der Kunststoffinnenbeschichtung des Bechers kaum trennen lassen. Die Becher landen also sogenannte „Spuckstoffe“ in der Verbrennung – Recycling Fehlanzeige! Das ändert außerdem nichts am milliardenfachen Becherverbrauch und deren Umweltauswirkungen für die Herstellung. Also, liebe Frau Umweltministerin: Es gibt in Deutschland eine gesetzlich festgelegte Müllhierarchie (Stichwort Kreislaufwirtschaftsgesetz) und auf der ersten Stufe ist die Abfallvermeidung festgelegt worden. Wenn Sie das ernst nehmen, müssen Sie die kostenlose Herausgabe von Pappbechern durch eine Abgabe verhindern und den Handel in die Pflicht nehmen.
Kein Handeln ist keine Alternative, Frau Hendricks! Es bringt nichts, die Hände in den Schoß zu legen und sich – wie bei dem Thema Plastiktüten – auf den Standpunkt zurückziehen, dass es den gelben Sack gibt, der ein Recycling ermöglicht. Das ist vollkommener Unfug. Denn: Niemand nimmt seinen benutzten Becher mit nach Hause und wirft ihn in den gelben Sack. Er benutzt dafür die öffentlichen Mülltonnen – und der darin gesammelte Abfall landet in der Verbrennung. Gelangen Pappbecher tatsächlich in den gelben gelben Sack, dann werden sie aufgrund des hohen Papieranteils der Papierfraktion zugeordnet und landen in einem Papierrecyclingwerk. Dort kann man mit den Bechern kaum etwas anfangen, weil sich die Papierfasern von der Kunststoffinnenbeschichtung des Bechers kaum trennen lassen. Die Becher landen also sogenannte „Spuckstoffe“ in der Verbrennung – Recycling Fehlanzeige! Das ändert außerdem nichts am milliardenfachen Becherverbrauch und deren Umweltauswirkungen für die Herstellung. Also, liebe Frau Umweltministerin: Es gibt in Deutschland eine gesetzlich festgelegte Müllhierarchie (Stichwort Kreislaufwirtschaftsgesetz) und auf der ersten Stufe ist die Abfallvermeidung festgelegt worden. Wenn Sie das ernst nehmen, müssen Sie die kostenlose Herausgabe von Pappbechern durch eine Abgabe verhindern und den Handel in die Pflicht nehmen.
5. Herr Fischer, zum Schluss: Plastiktüten und Coffee to go-Becher sind ja nur zwei von unzähligen Umverpackungsvarianten. Wann ist mit dem großen Wurf der DUH zu rechnen, bei dem die Umverpackungsflut im Fokus steht, die uns beispielsweise tagtäglich in Supermärkten begegnet?
Als bundesweit arbeitender Verband sind wir dabei. Unser Gedanke ist zunächst der: Wir möchten in Form kleinerer Kampagnen auf ganz konkrete Beispiele aufmerksam machen. Am Beispiel der Coffee to go-Kampagne wird das besonders gut deutlich. Hier kann der Konsument selbst zum Becherhelden werden und damit sein Verhalten als gesamtes hinterfragen. Das sind gute Einstiegsprojekte, um für das Thema der Abfallvermeidung zu sensibilisieren. Aber, und damit zurück zu Ihrer Frage: wir machen beim Thema Abfallvermeidung grundsätzlich und immer politische Lobbyarbeit. So sind wir mit dabei, wenn es darum geht, das Wertstoffgesetz zu erarbeiten. Wir wollen, dass darin konkrete Ziele zur Vermeidung von Abfällen definiert werden. Eine Ressourcensteuer ist zur Erreichung dieses Ziels ebenso notwendig wie Festlegungen zum Ökodesign oder zur Recyclingfähigkeit. Und hier drehen wir tatsächlich am großen Rad – nur passiert das in der Regel von der Öffentlichkeit unbemerkt – beispielsweise in parlamentarischen Ausschüssen. Aber: Wir sind dran und hier üben wir auch Druck auf die Politik und die Wirtschaft aus!

Wir danken Thomas Fischer für das Gespräch.
Unter der Kampagnenwebsite Becherheld stellt die Deutsche Umwelthilfe ein umfangreiches Informationsangebot bereit. Hinweise zu Alternativen zum Einwegbecher sind hier ebenso zu finden wie Informationen darüber, warum es sich lohnt, über Mehrwegsysteme nachzudenken. Die zum Download angebotenen Flyer und Plakate sind nicht nur für engagierte Becherhelden mit Sendungsbewusstsein interessant. Einzelhändler dürfen sich ebenso angesprochen fühlen, um damit ihre Kunden auf Mehrwegalternativen aufmerksam machen. ©Fotos: Sascha Krautz mit freundlicher Genehmigung DUH
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