Fünf Fragen an … Reiner Pilz (Prägte den Begriff »Upcycling«)

»Jede Art von Wieder- und Weiterverwendung ist zu begrüßen.«

– Reiner Pilz für Magazin für Restkultur –

RSTKLTR-Salvo#1
Ausführlicher Beitrag mit und über Reiner Pilz in einer Ausgabe der Zeitschrift »Salvo« aus dem Jahr 1994, in der der Begriff »Upcycling« zum vielleicht ersten Mal Verwendung fand

Es war ein gutes Stück Arbeit, den Namensgeber* des Begriffes »Upcycling« zu einem Gespräch zu überreden. Wobei: nimmt man es genau, sind ja wir von Reiner Pilz überrascht worden, als vor einigen Tagen eine Nachricht eintraf, mit der wir eigentlich gar nicht mehr gerechnet hatten. Umso erfreuter sind wir darüber, die fünf kurzen Antworten der Person zu veröffentlichen, deren Wortschöpfung weltweit in aller Munde ist und die seit geraumer Zeit für ungeahnte kreative Restverwertungsinitiativen  sorgt.

1Magazin für Restkultur: Sie werden im Rahmen eines Interviews mit der Zeitschrift »Salvo« als Urheber des Begriffes »Upcycling« angesehen. Welche genaue Vorstellung hatten Sie davon, als Sie vor knapp 20 Jahren diesen Namen prägten?
Reiner Pilz: 
Meine Firma beschäftigt sich ja mit der Verwendung von »Architectual Antiques«. In besagtem Interview wurde ich gefragt, warum Deutschland im europäischen Vergleich bei der Wiederverwendung von Baumaterialien so gut dasteht. Die Frage hat mich erbost, da man mal wieder Äpfel mit Birnen verglichen hat. In Deutschland wurde und wird Abbruch ja vornehmlich geschreddert und als Untergrund für Pflasterarbeiten genutzt, also down-gecyclet. Wir beziehen für unsere Arbeit aber alte gereinigte Abbruch-Ziegel aus Belgien, die wir dann aber zum Bauen wieder verwenden, also eben up-cyclen.

2Verfolgen Sie denn den derzeitigen Upcycling-Trend und, wenn ja: Gefällt Ihnen die Entwicklung?

Jede Art von Wieder- und Weiterverwendung ist zu begrüßen, denn sie regt nicht nur die Phantasie an, sondern trägt dazu bei, wichtige Ressourcen zu schonen.

3Gibt es in Ihren Augen gelungene Wiederverwendungs-Beispiele?
Generell finde ich die Wiederverwendung alter Möbel sehr gut. Die daraus resultierende »Shabby Furniture« spricht mich in besonderer Weise an.
4Upcycling kennt aber auch Grenzen und kann eine funktionierende Kreislaufwirtschaft nicht ersetzen, oder?
Die Grenzen werden ja nur durch die Phantasie des Menschen gesetzt. Ich sehe daher überhaupt keinen Gegensatz zwischen Upcycling und Kreislaufwirtschaft, sie sollten sich ergänzen.

5Nun, 20 Jahre später, ist es ja vielleicht Zeit für die nächste Begriffsfindung. Gibt es die, Herr Pilz?

Ja, es ist bestimmt Zeit, aber mir fällt gerade nichts sinnvolles ein.

 

Wir danken Reiner Pilz für die Antworten.

 

 

RSTKLTR-Salvo#2
»Recycling«, sagte er. »Ich nenne es Down-cycling. Sie schlagen Steine kaputt, sie schlagen alles kaputt. Was wir brauchen, ist Up-cycling, bei dem alte Produkte einen höheren Wert erhalten und keinen geringeren.« Reiner Pilz, in der Zeitschrift »Salvo« (1994)

Zur Person
REINER PILZ
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    • Reiner Pilz (Jhrg. 1950), Burgdorf
  • Dipl.-Ing. Elektrotechnik, seit 1975 Unternehmer bei einem auf die Wiederverwendung architektonischer Bauelemente spezialisierten Unternehmen tätig.
  • Reste sind für ihn: Quelle der Inspiration.
    ©Foto: Reiner Pilz

 

*Im Hintergrund
Soweit bekannt, fand der Begriff »Upcycling« wahrscheinlich erstmalig in einem Interview der Zeitschrift »Salvo« im Jahr 1994 Verwendung. Im Zuge unserer Recherchen für diesen Beitrag ließ uns der Herausgeber besagter Zeitschrift Thornton Kay allerdings wissen, dass nicht Reiner Pilz den Ausdruck verwendet habe, sondern er diesen Begriff in den Beitrag eingearbeitet haben will. Da sich dieses nur schwerlich rekonstruieren lässt, haben wir vorbehaltlich anderer Erkenntnisse und Fakten dafür optiert, »Salvo« als nachweisliche Quelle und die dort im Namen von Reiner Pilz veröffentliche Aussage als von ihm stammend anzusehen.

©Abb. Zeitschrift Salvo mit freundlicher Genehmigung des Verlags

Upcycling? In unserem Glossar erklären wir diese und andere Begriffe.

UPCYCLING

Im weitesten Sinne handelt es sich beim Upcycling um eine Recycling-/Wiederverwertungs-Form. Zum Einsatz kommen dafür vermeintliche Rest- und Müllstoffe. Durch den erneuten Einsatz bereits hergestellter Materialien wird der Bedarf an neuen Produkten verringert/die Neuherstellung vermieden. Anders als beim [recycling] ist in der Regel aber ein geringerer Energieaufwand nötig, um Neues zu schaffen. Außerdem wird die Qualität des Abfalls nicht gemindert (wie zum Beispiel beim Papierrecycling), sondern in der Regel gesteigert. Unterschieden wird außerdem danach, ob die Ausgangsmaterialien aus dem privaten Gebrauch stammen [post-consumer-waste] oder ob Stoffe zum Einsatz kommen, die während des Herstellungsprozesses/im gewerblichen Rahmen entstehen [pre-consumer-waste].

Beispiel
Beispiel [post-consumer-waste]: Verbrauchte Milchtüten, aus denen Portmonees hergestellt werden.
Beispiel [pre-consumer-waste]: Stoff-/Kollektionsreste, die in der Textilindustrie anfallen.

Siehe auch
[Reduce, Reuse, Recycle]

Weiterführende Links

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