
»Abladen verboten«
Die Nachricht dürfte nicht nur den hiesigen Durchschnittsverbraucher überrascht haben. Schließlich hat Deutschland doch einen Ruf als vermeintlicher Recycling-Weltmeister zu verteidigen1. Auch die Erzeuger von Plastikwaren aller Art dürften alarmiert in Richtung Fernost geschaut haben. Denn: die chinesische Regierung hat die Einfuhr von Plastikmüll (und diversen anderen Abfällen wie Textilien, Schlacken und Papierabfällen) seit Anfang dieses Jahres drastisch reduziert. Alles deute darauf hin, so der Präsident des BDE2 Peter Kurth in einer Pressemitteilung Ende letzten Jahres, »dass es die chinesische Regierung mit ihrer breit angelegten Initiative in Richtung Entsorgungsautarkie ernst meint.« Der Wirtschaftskorrespondent der FAZ Helmut Bündler folgert daraus, dass »das bisher wichtigste Ventil für europäische Plastiküberschüsse dann komplett verstopft wäre.«3 Die Folge des chinesischen Einfuhrstopps: knapp 750.000 Tonnen Plastikabfälle aus deutschen Haushalten warten im Jahr 2018 vergeblich darauf, dass ungerechnet um die 80.000 Müllwagen vorfahren.
Not macht »erfinderisch«
Nur wenige Wochen nach der Ankündigung Chinas zieht die Europäische Kommission mit einem gegenläufigen Plan nach: bis zum Jahr 2030 sollen Kunststoffe komplett wiederverwertbar werden. 250 Millionen Euro seien für die Entwicklung von Maßnahmen und für die Forschung bereits ausgegeben worden – weitere 100 Millionen sollen im Laufe der nächsten zwei Jahre folgen. »Wir müssen verhindern, dass Plastik in unser Wasser, unser Essen und sogar unsere Körper kommt«, wird Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans zitiert. Dass hier nicht die Rede vom verstopften »Ventil für europäische Plastiküberschüsse« ist, täuscht wohl nur vor, dass die Europäische Kommission einen genauen Plan hat, wie das Plastikproblem gelöst werden kann. So oder so rennt die EU-Kommission offene Türen bei Umweltverbänden ein. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt beispielsweise nicht nur »die von der Europäischen Kommission vorgestellte Strategie zur Vermeidung von Plastikabfall in der Umwelt«, sondern wertet dies in einer Stellungnahme4 als starkes politisches Signal.
Abzuwarten bleibt jetzt nur, ob die von der EU-Kommission angestoßenen Maßnahmen greifen werden. Gut möglich ist schließlich, dass sich auf dem weltweiten Müllmarkt ein anderer Abnehmer findet, der europäische Müllüberschüsse aufkauft. Schließlich landet auf mehr als nur einer afrikanischen Müllkippe schon jetzt jede Menge europäischer Schrott.
*垃圾 = Müll (chinesisch)
Quellen/weiterführende Links:
1SZ Online: »Das deutsche Recylingmärchen«
2BDE: Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V.,
3FAZ (05.01.2018): Deutschland versinkt im Plastikmüll
4DUH (16.01.2018): Deutsche Umwelthilfe befürwortet neue EU-Plastikstrategie und fordert Vorreiterrolle Deutschlands bei Plastikvermeidung und Recycling
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