»Entscheidend für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist, ein stärkeres Bewusstsein für die Problematik auf allen Wertschöpfungsstufen zu schaffen.«
– Christoph Minhoff (BVE) im Gespräch mit Magazin für Restkultur –
Auch auf der diesjährigen »Internationalen Grünen Woche« in Berlin (20. – 29.01.2017) stand Resteverwertung auf der Tagesordnung – und dem Speiseplan. So wurden dem Berliner Bürgermeister Michael Müller und dem Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gleich beim Eröffnungsrundgang Speisen aus vermeintlichen Resten serviert. Initiiert wurden diese und andere Aktionen von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), die so von sich reden macht, aber auch die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken möchte. Der BVE-Hauptgeschäftsführer hat sich fünf Fragen rund um dieses Thema gestellt. Er sieht nur eine geringe Mitverantwortung der Industrie und des Handels.
Herr Minhoff, welche Beiträge und Aktivitäten rund um das Thema Reste und Restevermeidung wurden auf der diesjährigen »Grünen Woche« geboten?
Die Themen Lebensmittelverschwendung und das Mindesthaltbarkeitsdatum standen auf der diesjährigen Internationalen Grünen Woche im Fokus des gemeinsamen Messeauftrittes des BVE und des BLL1. Im Zusammenhang mit dem Thema Lebensmittelverschwendung ist die Aufklärung über das MHD in unseren Augen deshalb so wichtig, weil viele Menschen nicht wissen, dass Lebensmittel auch nach Ablauf des MHDs noch genießbar sein können. Das MHD ist ja explizit kein Verbrauchsdatum. Wer das weiß, schmeißt weniger weg und hilft dabei, das Problem der Lebensmittelverschwendung in den Griff zu bekommen. In zahlreichen Aktionen wurden unsere Messebesucher deshalb spielerisch an diese beiden Themen herangeführt. So zum Beispiel in Form täglicher Kochshows für Schüler und Erwachsene, deren Ziel es war, Ernährungs- und Lebensmittelwissen anschaulich und leicht verständlich zu vermitteln. Es wurden Antworten darauf geben, wie frische mit verarbeiteten Lebensmitteln kombiniert werden können, was die Kennzeichnung auf Verpackungen bedeutet und wie der Lebensmittelverschwendung durch „Reste-Kochen“ aktiv entgegengesteuert werden kann. Ergänzt wurde das Angebot durch ein Lebensmittel-Quiz und Informationswänden. Die Themen Lebensmittelverschwendung und MHD wurden darüber hinaus im Rahmen spannender Dialogrunden mit bekannten Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft diskutiert.
Wie kam es dazu, dass Sie das Thema Reste und Restevermeidung aufgegriffen haben?
Die Internationale Grüne Woche ist die größte Verbrauchermesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau weltweit. Für uns als Verband bietet das eine gute Gelegenheit, direkt mit den Verbrauchern in Kontakt zu treten und unsere Themen mit ihnen zu diskutieren: eines der wichtigsten Anliegen ist dabei der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und die Aufklärung über unsere Ernährung. Die BVE engagiert sich in diesem Zusammenhang zum Beispiel als Gründungs- und Vorstandsmitglied der Großverbraucher-Initiative „United Against Waste“ sowie als Unterstützer der BMEL-Initiative „Zu gut für die Tonne!“. Auch im Rahmen ihrer Reihe „FAKT: ist“ klärt die BVE sachlich und faktenbasiert über das Thema auf.
Worin sehen Sie die Ursachen für die grassierende Lebensmittelverschwendung?
Das deutsche Lebensmittelangebot war noch nie so sicher, qualitativ hochwertig und vielfältig wie heute – über 170.000 Produkte stehen dem Verbraucher für jeden Bedarf tagtäglich zur Verfügung. Diese Produktvielfalt zeugt nicht nur von Wohlstand und Produktivität – sie verdient auch Anerkennung und Wertschätzung. Dennoch landen Jahr für Jahr viele Lebensmittel auf dem Müll. Alleine in Deutschland werden jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Lebensmittelabfälle entstehen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette. Laut einer Studie der Universität Stuttgart2 konzentriert sich das Problem in Deutschland aber überwiegend auf den Endverbraucher. Rund 61 Prozent der Lebensmittelverluste stammen demnach aus Privathaushalten. Entscheidend für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist deshalb, ein stärkeres Bewusstsein für die Problematik auf allen Wertschöpfungsstufen, insbesondere aber beim Verbraucher zu schaffen.
Also liegt Ihrer Meinung nach die Hauptverantwortung bei Verbrauchern und nicht beim Handel und der Industrie?
Die Unternehmen der Ernährungsindustrie sind sich ihrer Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft bewusst und auf diesem Gebiet bereits vielfach engagiert. So liegen die im Produktionsprozess anfallenden, vermeidbaren Lebensmittelabfälle in vielen deutschen Fabriken dank höchster technologischer Standards und ausgeklügelte Weiterverarbeitungsprozesse bereits heute deutlich unter einem Prozent3. Viele Unternehmen haben die Vermeidung von Lebensmittelabfällen auch in ihre unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen und ihre Mitarbeiter speziell für den richtigen Umgang zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in der Produktion geschult. Die BVE steht ihren Verbandsmitgliedern hier als kompetenter Ansprechpartner zur Seite.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Planen Sie das Thema auch auf Verbandsveranstaltungen und auf der nächsten Grünen Woche erneut aufzugreifen?
Das Thema Lebensmittelverschwendung ist ein Thema unserer Verbandsarbeit und wird uns auch in Zukunft begleiten. Ein Highlight ist auch dieses Jahr die Preisverleihung des BMEL-Bundespreises „Zu gut für die Tonne!“, bei dem ich mich als Jurymitglied und Laudator im Kampf gegen das achtlose Wegwerfen wertvoller Nahrungsmittel engagiere.
1 BLL: Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
2 Die hier zitierte Studie wird in Teilen kontrovers diskutiert. Bemängelt wird unter anderem, dass die aus der Studie gezogenen Schlussfolgerungen überwiegend auf den Endverbraucher abzielen und Industrie und Handel aus der Verantwortung entlassen würden. Siehe dazu: Im Gespräch mit Valentin Thurn.
3 Quelle unbekannt/Angabe beruht auf Expertenschätzungen.
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