
Vor fast genau einem Jahr erschien bei uns der Artikel »Mach was draus«, indem wir auf die als Hartz IV-Möbel bekannt gewordenen Möbelstücke des Berliner Architekten und Aktivisten Van Bo Le-Mentzel zu sprechen kamen. Auf diesen Text aufmerksam wurde auch ein Mitarbeiter der Obdachlosenzeitung »Obdach-Blätt’l« aus Heidelberg, der um die Nutzung des Artikels im Rahmen der redaktionellen Beiträge von »Obdach-Blätt’l« bat. Dagegen hatten wir nicht nur nichts einzuwenden – wir freuen uns in besonderer Weise, wenn wir damit einen zumindest kleinen Beitrag zur Arbeit des OBDACH e.V. leisten können. Einen kritischen Blick werfen die Macher in der aktuellen Ausgabe aber auch auf 10 Jahre Hartz IV (»Kein Grund zum Feiern«). Zu Wort kommt dazu ein Betroffener, der anschaulich seinen Werdegang zum Hartz IV-Empfänger und der damit einhergehenden sozialen Ausgrenzung beschreibt. Bereichert wird die Zeitschrift durch Artikel zu Foodsharing, zum Geldverweigerer Raphael Fellmer sowie mit kritischen Tönen zu der aktuellen Pegida-Bewegung.
Wir stellen weiter unten den Artikel »Mach was draus« erneut vor.
Mach was draus!
Hartz IV hat nicht unbedingt das, was man ein gutes Ansehen nennen könnte. Umso erfreulicher ist es, wenn es nicht nur gelingt, mit dem ramponierten Image zu kokettieren, sondern auch eine glaubwürdige Solidarisierung mit Hartz IV-Beziehern einsetzt. Wie das geht, zeigen die ausdrücklich als Hartz IV-Möbel bekannt gewordenen Stühle, Sessel und Hocker des Architekten Van Bo Le-Mentzel, die auch aus Rest-Materialien zusammengebaut werden können.
Was es bedeutet, von staatlicher Unterstützung und daher auch mit wenig Geld zu leben, weiß Van Van Bo Le-Mentzel aus eigener Erfahrung: Eine zeitlang war er selbst arbeitslos und auf Hartz IV angewiesen. Diese Erfahrung war es schließlich, die ihn auf die Idee brachte, mit selbstgebauten Möbeln sowie mit Sperrmüllresten zu experimentieren. Die Grundidee: Mach was draus und ergreife Initiative. Herausgekommen ist eine Serie von Möbeln und Einrichtungsgegenständen, die die Namen »24 Euro Chair«, (der Name ist Programm) »Berliner Hocker« (10 Euro, 10 Schrauben, 10 Minuten) oder die »100 Sec Lamp« (in 100 Sekunden aus Muffinpapier herzustellen) tragen.
Sie zeichnen sich allesamt dadurch aus, dass sie a) gut aussehen und dabei wenig kosten, sich b) ohne großen Aufwand von jedermann zusammenbauen lassen und c) dass für ihren Zusammenbau auch gebrauchte Materialien zum Einsatz kommen können. Wichtig ist Le-Mentzel in jedem Fall, dass der Material- und Arbeitsaufwand einen bestimmten Rahmen nicht sprengt und sich auch stilbewusste Menschen angesprochen fühlen können. Wie die Möbel und Accessoires schließlich zusammengebaut werden, erfährt man, wenn man die gewünschte Aufbauanleitung über hartzivmoebel.de bestellt – wohlgemerkt kostenlos. Auf einen Deal muss man allerdings bereit sein, einzugehen: Van Bo Le-Mentzel fordert ausdrücklich dazu auf, Fotos der fertig gebauten Möbel auf seine Seite zu stellen. Für knapp dreizehn Euro ist außerdem ein Buch mit allen Bauanleitungen erhältlich.
© Fotos mit freundlicher Genehmigung von Van Bo Le-Mentzel
(Berliner Hocker: Daniela Kleint/24 Euro Chair: Cem Guenes/100 sec Lamp: Daniela Klient)
Van Bo Le-Mentzel ist unter anderem an folgenden Projekten beteiligt:
hartzivmoebel.de // kieztankstelle.de // Konstruieren statt konsumieren (Facebook)
Anm. d. Rdkt.: Obiger Text ist in Absprache mit Magazin für Restkultur auch im Obdach Blätt’l Heidelberg (März 2015) erschienen. Deshalb haben wir den Artikel »Mach was draus« ein weiteres Mal (diesmal mit zusätzlichen Informationen zur Obdachlosenzeitung Obdach Blätt’l) unter »Hartz IV Reloaded« veröffentlicht.